Evolution unterrichten mit Beispielaufgaben

1             Unterrichten mit Beispielaufgaben

Biber mit Fragezeichen über dem Kopf

Beispielaufgaben sind eine besondere Form von Aufgaben, die neben einer Problem-Stellung auch die notwendigen Problem-Lösungsschritte und die abschließende Problem-Lösung selbst beinhalten. Im Gegensatz zu den allgemein bekannten Problemlöseaufgaben ist der Lösungsweg bei Beispielaufgaben also bereits ausgearbeitet und muss von den Lernenden nicht selbst erarbeitet werden. Beispielaufgaben veranschaulichen Beispiel-gebend den vollständigen gedanklichen Weg von einem Problem bis zu dessen Lösung.

Der Einsatz von Beispielaufgaben hat sich besonders am Anfang eines neuen Lernprozesses und bei komplexen Lerninhalten als lernförderlich erwiesen. Die Lernenden können sich dabei zunächst vollständig auf das Nachvoll-ziehen und das Begreifen der dem Problem zugrunde liegenden allgemeinen Prinzipien (z.B. Selektion als Mechanismus der Artentstehung) und deren Anwendung konzentrieren, ohne das Problem gleich selbst lösen zu müssen; denn dieses wird beispielhaft für sie gelöst. Beispielaufgaben sollen so zum Aufbau grundlegender kognitiver Wissensschemata bei den Lernenden führen. Diese Schemata werden nach dem Durcharbeiten von Beispielaufgaben durch das Bearbeiten analoger Problemlöseaufgaben, Aufgaben also, denen das gleiche allgemeine Prinzip zu Grunde liegt (z.B. das Wissensschema: „Selektion als Mechanismus der Artentstehung“), gefestigt.

Der Einsatz von Beispielaufgaben hat sich besonders am Anfang eines neuen Lernprozesses und bei komplexen Lerninhalten als lernförderlich erwiesen. Die Lernenden können sich dabei zunächst vollständig auf das Nachvollziehen und das Begreifen der dem Problem zugrunde liegenden allgemeinen  Prinzipien (z.B. Selektion als Mechanismus der Artentstehung) und deren Anwendung konzentrieren, ohne das Problem gleich selbst lösen zu müssen; denn dieses wird beispielhaft für sie gelöst. Beispielaufgaben sollen so zum Aufbau grundlegender kognitiver Wissensschemata bei den Lernenden führen. Diese Schemata werden nach dem Durcharbeiten von Beispielaufgaben durch das Bearbeiten analoger Problemlöseaufgaben, Aufgaben also, denen das gleiche allgemeine Prinzip zu Grunde liegt (z.B. das Wissensschema: „Selektion als Mechanismus der Artentstehung“), gefestigt.

Beispielaufgaben zeichnen sich insbesondere durch zwei Merkmale aus, die den Erwerb von Wissensschemata und damit den Lernerfolg unterstützen.

Merkmal 1: Gliederung einer Beispielaufgabe in einzelne Einheiten

Der Lösungstext weist eine starke Gliederung in kleine, gut überschaubare gedankliche Einheiten und Abschnitte auf. Das Ende solch einer Einheit (z.B. die Beschreibung eines Lösungsschritts) wird zusätzlich durch einen Seitenwechsel hervorgehoben. Auf diese Weise wird das Erkennen (a) der einzelnen notwendigen Lösungsschritte und (b) der Struktur der Lösung unterstützt.

Merkmal 2: Bildung von Beispielaufgaben-Lehrgängen

Für die Vermittlung eines grundlegenden, allgemeinen Prinzips werden mehrere Beispielaufgaben zu einem Lehrgang zusammengestellt. Das Prinzip wird jeweils in verschiedene  Anwendungssituationen oder Kontexte eingebettet. Auf diese Weise wird das gemeinsame fachlich Prinzipielle, die Tiefenstruktur der Beispielaufgaben, deutlich gemacht. Oberflächenmerkmale der Aufgaben, beispielsweise ob das Prinzip an einem botanischen oder an einem zoologischen Beispiel thematisiert wird, geraten so in den Hintergrund. Durch das Erkennen der Tiefenstruktur der Aufgaben (z.B. „Selektion als Mechanismus der Artentstehung“) wird der analoge Wissensschemaerwerb unterstützt.

Um die Lernenden zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der vorgegebenen Lösung der Beispielaufgabe zu motivieren, hat es sich bewährt, sogenannte Lernimpulse in die Beispielaufgaben zu integrieren. Es handelt sich dabei um inhaltsspezifische Fragen oder Denkanstöße, die an geeigneter Stelle in den Lösungstext integriert sind. Je nach Vorwissen der Lernenden können die Lernimpulse im Anforderungsniveau variiert werden. Für Lernende mit geringem Vorwissen eignen sich Lernimpulse, die darauf abzielen, das bereits Gelesene nachzuvollziehen. Bei hohem Vorwissen sind Lernimpulse geeignet, die dazu anregen, das eigene Vorwissen zu nutzen und eventuell auch die nachfolgenden Schritte zu antizipieren.

Pfauenpaar
Abb. Pfauenpaar (© Rossella – stock.adobe.com)

2             Beispielaufgaben für den Evolutionsunterricht

Beispielaufgaben mit vorwissensangepassten Lernimpulsen zum Thema Evolution für die Jahrgangsstufe 10 finden Sie in der Tabelle 1.

Die Evolution stellt zum einen den integrativen  Rahmen der Biologie, zum anderen aber auch einen eigenen disziplinären Themenbereich der Biologie dar. Die große inhaltliche Komplexität und der hohe Abstraktheitsgrad der grundlegenden fachlichen Prinzipien und Konzepte der Evolution bedeuten eine große Herausforderung für Lernende. Beispielaufgaben sind geeignet um den hohen kognitiven Anspruch, den das Lernen der Evolution an Schülerinnen und Schüler stellt, zu reduzieren.

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt wurden zur Untersuchung der Wirkung des Lernens mit Beispielaufgaben zu zwei ausgewählten Prinzipien der Evolution, nämlich dem Prinzip „Homologie“ und dem Prinzip „Selektion“, Aufgaben entwickelt. Diese bestehen jeweils aus einem Einführungstext und einem Lehrgang von vier Beispielaufgaben. Die Beispielaufgaben eines Lehrgangs unterscheiden sich zwar jeweils hinsichtlich ihrer konkreten Rahmenhandlung, das zugrunde liegende Lösungsprinzip jedoch unterscheidet sich nicht und besteht jeweils aus drei wiederkehrenden Lösungsschritten. Der Schwierigkeitsgrad nimmt innerhalb eines Lehrgangs zu, und die einzelnen Beispielaufgaben bauen aufeinander auf.

In die Beispielaufgaben sind Lernimpulse integriert. Bei den Lernimpulsen kann individuell für die einzelnen Lernenden zwischen den Anforderungsniveaus „Basis“ (für Lernende mit geringem Vorwissen) und „Fortgeschrittene“ (für Lernende mit hohem Vorwissen) gewählt werden. Eine Beispielaufgabe „Basis“ unterscheidet sich von einer Beispielaufgabe „Fortgeschrittene“ ausschließlich durch die Art der Impulsgebung. Inhaltlich weisen die Aufgaben keine Unterschiede auf.

Tab. 1: Übersicht der Beispielaufgaben-Lehrgänge. Einführungstexte und Beispielaufgaben sind unter
           dem jeweiligen Link verfügbar.

Lehrgang

Prinzip „Homologie“

Prinzip „Selektion“

Einführungstext

Verwandt oder doch nur ähnlich? pdf

Der „Kampf“ ums Überleben pdf

Beispielaufgabe 1

Der Fisch in uns
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Wie Arten entstehen
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Beispielaufgabe 2

Der Affe in uns
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Was Frauen wollen und wie
Männer konkurrieren
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Beispielaufgabe 3

Der Neandertaler in uns
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Aggression
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Beispielaufgabe 4

Das Land der Schliefer
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Der aufrechte Gang des
„nackten Affen“
     Basis pdf
    
Fortgeschrittene pdf

Die hier für Sie verfügbaren Beispielaufgaben wurden in einer experimentellen Studie eingesetzt, um herauszufinden, wie Beispielaufgaben gestaltet sein müssen, damit Lernende mit unterschiedlichem Vorwissen möglichst effektiv beim Lernen von Evolution unterstützt werden. Die Anpassung der Beispielaufgaben an das Vorwissen erfolgte durch die Einarbeitung von Lernimpulsen mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus. Verglichen wurden Beispielaufgaben mit Lernimpulsen auf basalem Niveau, fortgeschrittenem Niveau und einem Übergang vom basalen zum fortgeschrittenen Niveau. In der Interventionsstudie mit 433 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 wurde der Lernerfolg nach dem Lernen mit den zwei Beispielaufgaben-Lehrgängen untersucht. Darüber hinaus wurde in einer ergänzenden qualitativen Studie mit 22 Schülerinnen und Schülern derselben Jahrgangsstufe der Frage nachgegangen, welche dieser drei Impulsvarianten die Qualität des Selbsterklärens (also das aktive Nachvollziehen der dargestellten Lösung) bei Schülerinnen und Schülern mit mittlerem Vorwissen am stärksten fördert.

Haben Sie Interesse an den Ergebnissen dieser wissenschaftlichen Studien? – Dann möchten wir Sie einladen, weiter zu lesen. Die Ergebnisse der Studien wurden in den folgenden Artikeln veröffentlicht:

Neubrand, C. & Harms, U. (2017). Tackling the difficulties in learning evolution: Effects of adaptive self-  
     explanation prompts. Journal of Biological Education (JBE), 51(4), 336-348.
     doi:10.1080/00219266.2016.1233129

Neubrand, C., Borzikowsky, C., & Harms, U. (2016). Adaptive prompts for learning Evolution with worked
     examples - Highlighting the students between the "novices" and the "experts" in a classroom.   
     International Journal of Environmental & Science Education (IJESE), 11(14), 6774-6795.

Auch im Projekt EvoVis beschäftigen wir uns mit der Frage, wie das Lehren und Lernen der Evolution verbessert werden kann. Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter https://www.ipn.uni-kiel.de/de/forschung/projektliste/evovis

Im Jahr 2017 hat die Nationale Akademie der Wissenschaften – Leopoldina eine Stellungnahme „Evolutionsbiologische Bildung in Schule und Hochschule“ (Diese Datei ist nicht barrierefrei) herausgegeben. In dieser wird der Stand der evolutionsbiologischen Forschung ebenso beschrieben, wie aktuelle Anwendungsbereiche hierzu.

Vielen Dank für Ihr Interesse!