Carolin Enzingmüller
Didaktik der Chemie
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Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Sonderforschungsbereich zu medizinischer Diagnostik mit weiteren 12 Millionen Euro.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) verlängert die Förderung des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1261 „Magnetoelektrische Sensoren: von Kompositmaterialien zu biomagnetischer Diagnose“ bis 2028 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Zu den Projektpartnern gehören das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe (ISIT), das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik Kiel (IPN) sowie die Universität Heidelberg. Die 53 Forschenden aus Materialwissenschaft, Elektrotechnik, Physik, Medizin und der Bildungsforschung erhalten mehr als 12 Millionen Euro für die dritte Förderphase ihres interdisziplinären Großforschungsprojekts. Ziel ist die Entwicklung hochsensibler, magnetoelektrischer Sensoren zur Verbesserung medizinischer Diagnosemethoden, insbesondere bei Herz- und Parkinsonerkrankungen.
Parkinson und andere neurodegenerative Erkrankungen äußern sich oft in unsicheren Schritten, langsameren Bewegungen und zitternden Händen. Es macht einen Unterschied, ob diese Bewegungsmuster in einem medizinischen Labor oder in der vertrauten Umgebung der Betroffenen erfasst werden. „Sensoren, die für Messungen zu Hause eingesetzt werden, müssen besonders einfach und robust sein und vor allem zuverlässige Ergebnisse liefern“, erklärt Gerhard Schmidt, Professor für digitale Signalverarbeitung und Sprecher des SFB 1261. „Das ist nur eine der neuen Anwendungsmöglichkeiten, die sich mit unserer Sensortechnologie für die medizinische Diagnostik eröffnen.“ Weitere Teilprojekte des SFB befassen sich mit der Vermeidung invasiver Eingriffe, etwa bei der Lokalisierung von Herzrhythmusstörungen.
Die magnetoelektrischen Sensoren des SFB 1261 messen keine elektrische Aktivität wie ein EKG, sondern magnetische Felder. Diese bieten eine deutlich bessere räumliche Auflösung und sind unbeeinflusst von der elektrischen Leitfähigkeit des Körpergewebes. Biomagnetische Signale lassen sich sogar ohne direkten Hautkontakt messen und bieten daher das Potenzial für schnellere, eindeutigere und komfortablere Diagnosen für die Patienten. Allerdings sind diese Signale sehr schwach und störanfällig, weshalb bisherige Messungen aufwendig in gekühlter und abgeschirmter Umgebung durchgeführt werden mussten. Der SFB 1261 arbeitet daran, magnetoelektrische Sensoren zu entwickeln, die hochsensibel und zuverlässig in normaler Raumumgebung funktionieren.
Das IPN bringt seine Expertise in naturwissenschaftlicher Bildung und Wissenschaftskommunikation in das interdisziplinäre DFG-Forschungsprojekt ein. Ziel ist es, die komplexen Zusammenhänge und innovativen Entwicklungen der biomagnetischen Sensorik verständlich und zugänglich zu machen. Neben der Entwicklung neuer didaktischer Konzepte für den schulischen und außerschulischen Bildungsbereich werden in Zusammenarbeit mit dem Kiel Science Communication Network (KielSCN) interaktive visuelle Formate entwickelt und deren Wirkung erforscht. Dadurch sollen die Projekterkenntnisse nicht nur die Fachwelt, sondern auch die breite Öffentlichkeit erreichen, und so einen Beitrag zur wissenschaftlichen Bildung und zum Verständnis moderner Medizintechnologien leisten.
Seit Beginn der DFG-Förderung im Jahr 2016 haben die Mitglieder des SFB verschiedene Sensorkonzepte und -materialien verglichen, jeweils einen geeigneten elektronischen Aufbau entwickelt und die Signalverarbeitung optimiert. So konnten sie zum Beispiel die Empfindlichkeit um das 10-fache verbessern. Bisher sind über 200 wissenschaftliche Publikationen und internationale Konferenzbeiträge sowie zehn Patentanmeldungen aus dem SFB hervorgegangen. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer bisherigen Arbeit überzeugen konnten. In der dritten Förderphase wollen wir jetzt die vielversprechendsten Konzepte gezielt für verschiedene medizinische Anwendungen weiterentwickeln“, sagt Schmidt. Auch die Gründung eines Start-Ups-Unternehmens ist geplant. Mit der erneuten Verlängerung erreicht das Projekt den maximalen Förderzeitraum der DFG für Sonderforschungsbereiche von zwölf Jahren.
Ein zentraler Bestandteil des Großforschungsprojekts ist außerdem die strukturierte Ausbildung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Zurzeit promovieren hier 25 Doktorandinnen und Doktoranden. Im Rahmen des SFB haben sie die Möglichkeit, internationale Forschungsaufenthalte zu absolvieren, an einem Austauschprogramm mit der Pennsylvania State University, USA, teilzunehmen sowie Summerschools, Mentoringprogramme und Fortbildungen zu besuchen. Projekte zu Forschungsdatenmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Gleichstellung sind ebenfalls fest in den SFB integriert und werden in der dritten Phase weiterentwickelt.
Copyright Foto (Magnetfeldsensor): Viktor Schell